Stress: Wenn der körperliche Ausnahmezustand zum Alltag wird
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    Was ist Stress?

    Manchmal können wir es deutlich spüren – etwa wenn vor dem eigenen Vortrag der Puls in die Höhe schnellt und die Hände zittrig werden oder der Gedanke an den vollgepackten nächsten Tag dich nicht zur Ruhe kommen lässt und dir scheinbar den doch so wertvollen Schlaf rauben möchte: Ein Reiz (Stressor) löst im Zuge der Stressantwort eine körperliche Veränderung in uns hervor. Je nach Auslöser können aber sehr verschiedene Arten von Stress unterschieden werden: 

    • Traumatischer Stress ausgelöst durch ein traumatisches Erlebnis wie ein Unfall, eine Naturkatastrophe oder eine Gewalttat

    • Durch Umweltfaktoren wie Lärm, Verschmutzung oder unsichere Lebensbedingungen bedingter Stress 

    • Psychischer Stress in Folge von kognitiven oder emotionalen Faktoren wie negativen Gedanken, Ängsten oder Sorgen 

    • Körperlicher Stress, wenn wir krank sind, einen Unfall hatten, zu wenig schlafen, zu viel trainieren oder uns wichtige Nährstoffe fehlen

    Was passiert bei Stress im Körper?

    Eine wichtige Unterscheidung, wenn es um die gesundheitlichen Auswirkungen geht, ist unabhängig von der Art des Auslösers die zeitliche Dimension.

    Akuter Stress

    Akuter Stress ruft kurzfristig körperliche Veränderungen hervor, die aber auch relativ zeitnah wieder zum Erliegen kommen – eine prompte, auf die Bewältigung der Herausforderung abgestimmte Reaktion, die unserem Schutz dient.  

    Die Stressantwort hat dabei immer zwei Komponenten.

    Komponente 1 – sympathisch-adrenal-medulläre Achse

    Adrenalin und Noradrenalin werden aus dem Nebennierenmark in den Blutkreislauf ausgeschüttet. Zellen des zentralen Nervensystems, der Muskeln und von vielen weiteren Organen im ganzen Körper besitzen Rezeptoren für diese Hormone. So kann der Körper u. a. mit einem Anstieg des Blutdrucks, der Herzfrequenz und des Blutzuckerspiegels dem erhöhten Bedarf an Energie und Sauerstoff in der Stresssituation nachkommen und wir sind wie auf Knopfdruck wach und aufmerksam. Zur Reaktion gehört auch die Förderung von Entzündung, um bei drohender Gefahr eine passende Immunantwort zu ermöglichen.

    Komponente 2 – Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse

    Ein Peptidhormon (Corticotropin-Releasing-Hormon) wird aus dem Hypothalamus im Gehirn in den Blutkreislauf ausgeschüttet. Es kann an verschiedene Rezeptoren binden und setzt u. a. die Freisetzung eines weiteren Peptidhormons (Adrenocorticotropes Hormon, ACTH) in Gang. Dieses regt letztendlich die Nebennierenrinde an, Glukokortikoide wie das bekannte Stresshormon Cortisol ins Blut zu geben. Der Name lässt es schon vermuten – sie haben eine wichtige Funktion im Glukose-Stoffwechsel, denn in einer akuten Stresssituation ist es wichtig, den Körper – vor allem auch das Gehirn – ausreichend mit Energie zu versorgen. Die meisten unserer Organe und Gewebe im Körper besitzen Rezeptoren für diese Klasse von Steroidhormonen und sind damit an der Stressreaktion beteiligt.

    Chronischer Stress

    Chronischer Stress, bei dem wir im Gegensatz zu akutem Stress den Stressoren langanhaltend ausgesetzt sind, kann schlecht angepasste Reaktionen im Körper hervorrufen und so kognitive Beeinträchtigungen, Angstzustände und Depressionen, aber auch Herzerkrankungen oder Schlafstörungen zur Folge haben.     

    Aber wodurch kommt das? Ein entscheidender Unterschied zwischen akutem und chronischem Stress liegt in der Wirkung des Cortisols.

    In der akuten Stressantwort wirkt es entzündungshemmend. Es ist in einen Mechanismus zur Hemmung von entzündungsfördernden Zytokinen (Immunbotenstoffe) und zur Hochregulierung von entzündungshemmenden Zytokinen eingebunden.

    Unter chronischem Stress kommt es – so aktuell die Vermutung – jedoch allmählich zu einer Cortisolresistenz, ähnlich wie wir das auch von der Insulinresistenz kennen. Zeigen Immunzellen eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber dem Stresshormon, kommt die eigentlich entzündungshemmende Wirkung des Cortisols nicht zum Tragen. Ein entzündungsfördernder Zustand entsteht, da die entzündungshemmende Wirkung des Cortisols als Gegengewicht zu entzündungsfördernden Faktoren fehlt. 

    Kann man Stress messen?

    Grundsätzlich ja – man kann die Konzentration von Cortisol im Speichel, Blut oder Urin messen. Ähnlich wie die Bestimmung des Blutzuckers zeigt ein solcher Wert jedoch nur die Situation im Hier und Jetzt an. Das Problem dabei: Der Cortisolspiegel unterliegt einer natürlichen Schwankung im Tagesverlauf. Direkt morgens nach dem Aufstehen ist der Cortisol-Spiegel am höchsten, am Abend vor dem Einschlafen dann am niedrigsten. Aufschlussreicher kann deshalb das Cortisol-Tagesprofil sein.

    Da Cortisol auch in den Haaren eingelagert wird, ist auch die Analyse des Cortisolgehalts im Haar möglich. Ähnlich wie bei der Bestimmung des Langzeitblutzuckers anstelle des Blutzuckerwerts als Momentaufnahme lässt sich auf diese Art und Weise die Cortisolausschüttung über einen gewissen Zeitraum bestimmen. Geht man von einer Wachstumsrate von 1 cm pro Monat aus, spiegelt eine Haarprobe von 1 cm Länge die Cortisolproduktion des Vormonats wider.

    Auch wenn die Messung von Cortisol möglich ist – um einen etablierten Biomarker zur Messung des Stresspegels handelt es sich (noch) nicht. Die Durchführung solcher Messungen erfolgt aktuell vor allem zu Forschungszwecken oder in der Diagnose von schwerwiegenden Stoffwechselerkrankungen wie dem Cushing Syndrom (Überproduktion von Cortisol) oder einer Nebenniereninsuffizienz, die mit einer unzureichenden Cortisolproduktion einhergeht. In Zukunft könnte es aber auch für die Prävention und das frühzeitige Eingreifen bei stressbedingten chronischen Erkrankungen von entscheidender Bedeutung sein. 

    Was kann ich gegen chronischen Stress tun? 

    Techniken zur Stressbewältigung

    Die Anwendung von Atemtechniken, Yoga, Meditation oder sich richtig beim Sport verausgaben – wirksame Techniken zur Stressbewältigung können ganz verschieden sein. Auch Achtsamkeitsübungen sind ein vielversprechender Ansatz zur Reduktion von Stress. Anstatt sich automatisch Sorgen um die Zukunft zu machen, ermöglichen sie es, den Blick auf den gegenwärtigen Augenblick zu lenken

    Grundsätzlich ist die Kraft und Bedeutung von positiven Gedanken nicht zu unterschätzen. Und deshalb lautet die Devise: Tu etwas für dich, was dir wirklich gut tut – und das am besten jeden Tag. Was das ist, weißt du am besten. Von Stricken über Zeitung lesen oder einem kleinen Sonnenspaziergang ist alles möglich. Diese Auszeiten bringen uns auf andere Gedanken, machen den Kopf frei und sorgen für eine positive Stimmung – wir brauchen sie deshalb dringend, um langfristig gesund zu bleiben.

    Wenn du das Gefühl hast, in der Dauerschleife von chronischem Stress zu hängen, ist es Zeit zu reflektieren. Was sind deine Stressoren? Ist es psychischer Stress, weil du dir sehr viele Sorgen machst oder dich immer mit anderen vergleichst? Oder körperlicher Stress, weil du viel zu wenig schläfst? Die Ursachensuche ist der erste Schritt, um in Zukunft besser auf dich zu achten. Denn du musst für dich einen Weg finden. Für die Lebensqualität im Hier und Jetzt, aber auch für die langfristige Gesundheit. 

    Supplements

    Sicherlich fragst du dich auch, ob es wirksame Supplements zur Senkung des Stresslevels gibt. Mehrere Studien zeigen, dass die Einnahme von Ashwagandha tatsächlich den Cortisolspiegel und den subjektiv empfundenen Stress senken kann (Q). 

    Wenn du Probleme mit dem Durchschlafen hast, könnte die Einnahme von Tryptophan einen Versuch wert sein. Tryptophan gehört zu den Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Es ist die Vorstufe des Entspannungs- und Glückshormons Serotonin, welches wiederum in das an der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligte Melatonin umgewandelt wird. Einige Studien an Menschen zeigen, dass es das Durchschlafen verbessern kann (Q).

    Auch die Aminosäure Theanin aus der Teepflanze wirkt auf den Serotonin-Stoffwechsel und andere Neurotransmitter. Zwar sind die Auswirkungen der Einnahme noch nicht ausgiebig untersucht, es gibt aber Hinweise auf positive Effekte auf stressbedingte Symptome wie Depressionen oder Schlafstörungen (Q, Q). Eine mögliche Erklärung dafür könnte die erhöhte Alpha-Wellen-Aktivität im Gehirn sein – ein Frequenzbereich, der mit einem Zustand von Entspannung und klaren Gedanken zusammenhängt (Q, Q). 

    Und was ist mit dem als “Stressmineral” bekannten Magnesium? Dieses ist äußerst wichtig für die Psyche und die normale Funktion des zentralen Nervensystems. Deinen Magnesiumspiegel solltest du insbesondere bei Stress unbedingt im Blick behalten, denn Magnesium interagiert mit verschiedenen neurologischen Stressmediatoren (Q)! 

    Forschungen deuten darauf hin, dass es eine bidirektionale Verbindung zwischen Stress und Magnesium gibt: Niedrige Magnesiumspiegel scheinen anfälliger für Stress zu machen, während Stress wiederum den Magnesiumspiegel senken könnte (Q,Q). Ein Teufelskreis entsteht!

    Woran außerdem im Zusammenhang mit stressbedingter chronischer Entzündung gedacht werden sollte: die Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA. Aus ihnen werden Botenstoffe gebildet, die Entzündungen ausbremsen. Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum sich die Einnahme z. B. bei Rheuma als hilfreich zur Eindämmung von Entzündungen erwiesen hat. Auch bei stressbedingten Entzündungen sollte Omega-3 in Form von Algenöl oder Fischöl sowie der regelmäßige Konsum von Fisch also nicht fehlen.



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