Haarausfall bei Männern
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Annika Speidel ist Biochemikerin (M.Sc.) mit einer Leidenschaft für Gesundheit, Medizin und Naturwissenschaften. Nach ihrem B.Sc. und M.Sc. in Biochemie an der Universität Tübingen arbeitete sie als Labormanagerin in der Auftragsforschung, bevor sie sich stärker auf Fitness und Ernährungsberatung fokussierte. Heute bringt sie ihr wissenschaftliches Know-how bei edubily ein, um fundierte Erkenntnisse verständlich aufzubereiten und Menschen dabei zu helfen, ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu optimieren. Mehr erfahren: 👉 🔗 Zur Autorenseite

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    Volles Haar gilt als Zeichen von Jugend und Vitalität – umso belastender ist es, wenn sich die ersten Geheimratsecken oder lichte Stellen zeigen. Hast du dich schon mal gefragt, was hinter dem typischen Haarausfall steckt, den man bei so vielen Männern – oft auch sehr jungen – beobachtet? Oder leidest du womöglich selbst darunter und möchtest wissen, woher das kommt und wie du dem Haarausfall entgegenwirken kannst? In diesem Artikel erklären wir dir, was auf hormoneller Ebene bei erblich bedingtem Haarausfall passiert und welche Tipps und Tricks es dafür gibt.

    Die Ursachen von Haarausfall bei Männern

    Ursachen für Haarausfall bei Männern (und auch bei Frauen) gibt es viele. Sie reichen von genetischen Faktoren und Nährstoffmängeln bis hin zu Stress oder sogar einer Fehlfunktion des Immunsystems wie im Falle der Alopecia Areata. 

    Wir möchten in diesem Artikel speziell auf den erblich bedingten Haarausfall eingehen, da dieser . Bei circa 95 % der Menschen mit Haarausfall steckt die androgenetische Alopezie (AGA) dahinter, umgangssprachlich auch als erblich bedingter Haarausfall bekannt. 

    Erblich bedingter Haarausfall (androgenetische Alopezie)

    Der erblich bedingte Haarausfall folgt immer dem gleichen Muster: Zuerst zeigen sich Geheimratsecken, bis dann auch an der Scheitelkrone das Haar lichter wird und sich schließlich die klassische Halbglatze bildet.

    Haarausfall Männer optischer Verlauf

    Der kompliziert klingende Name liefert uns direkt die Ursache dieses Haarverlusts: “androgenetisch” setzt sich aus “aAndro-“ (griechisch andros) = „Mann“ und „-genetisch“ (griechisch géenesis) = „Entstehung, Vererbung“ zusammen.

    Zum einen stecken also die Androgene, die männlichen Hormone dahinter. Zum anderen scheint es eine genetische Komponente zu geben. 

    Merkmale des Haarausfalls

    Personen, die unter erblich bedingtem Haarausfall leiden, haben bestimmte biologische Merkmale, die den Haarausfall begünstigen. Sie weisen mehr Dihydrotestosteron (DHT) auf –, ein Hormon, das aus Testosteron gebildet wird und eine entscheidende Rolle beim Haarverlust spielt. DHT bindet mit einer 5-mal höheren Affinität an Androgenrezeptoren als Testosteron und wirkt somit stärker als Testosteron.

    Außerdem weisen Personen mit AGA höhere Werte des Enzyms 5-Alpha-Reduktase auf, das Testosteron in DHT umwandelt. Die Aktivität der 5-Alpha-Reduktase wird unter anderem genetisch beeinflusst und ist somit vererbbar. Das erklärt, warum Haarausfall in vielen Familien gehäuft vorkommt. Zusätzlich gibt es in den betroffenen Bereichen der Kopfhaut mehr Androgenrezeptoren, an die DHT binden kann und dadurch eine Reaktion in den Haarfollikeln auslöst. Diese reagieren durch die vielen Rezeptoren sozusagen überempfindlich auf das männliche Hormon DHT.

    Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT) durch das Enzym 5-Alpha-Reduktase bei männlichem Haarausfall

    Wie führt DHT zu Haarausfall?

    Durch die verstärkte DHT-Wirkung kommt es zu einer fortschreitenden Miniaturisierung der Haarfollikel. Das bedeutet, dass die Haarwurzeln nach und nach schrumpfen, wodurch die Haare dünner und kürzer wachsen, bis sie schließlich ausfallen.

    Zudem verkürzt DHT die Wachstumsphase (Anagenphase). Gesunde Haarfollikel durchlaufen mehrjährige Wachstumsphasen, bevor sie in die Ruhephase (Telogenphase) übergehen. DHT verkürzt diese Wachstumsphase, sodass die Haare nicht mehr so lange wachsen können und früher ausfallen.

    Ein weiterer Faktor ist die Verminderung der Durchblutung der Kopfhaut durch DHT, wodurch die Haarfollikel mit weniger Nährstoffen versorgt werden und das Wachstum weiter geschwächt wird.

    Doch warum betrifft der Haarausfall nur bestimmte Areale der Kopfhaut wie die Schläfen, Scheitel und Oberkopf? Das liegt an der ungleichmäßigen Verteilung der Androgenrezeptoren. Die Haarwurzeln in den betroffenen Arealen sind besonders empfindlicher gegenüber DHT, wohingegen die des Hinterkopfes beispielsweise weniger auf das Hormon reagieren. Deshalb bleiben die Haare am Hinterkopf meist erhalten, während im Stirn- und Scheitelbereich Kahlstellen entstehen.

    Wirkung von DHT auf Haarfollikel bei männlichem Haarausfall

    Fassen wir noch einmal kurz zusammen: 

    Personen (meist Männer, aber auch Frauen!) mit erblich bedingtem Haarausfall weisen 

    • eine erhöhte Produktion des männlichen Hormons Dihdydrotestosteron (DHT), 

    • erhöhte Werte des Enzyms 5-Alpha-Reduktase (Umwandlung von Testosteron zu DHT) sowie

    • eine erhöhte Anzahl von Androgenrezeptoren in betroffenen Bereichen der Kopfhaut auf. 

    Dies führt dazu, dass die Haarfollikel schrumpfen, die Wachstumsphase des Haares verkürzt sowie die Kopfhaut schlechter durchblutet wird.
    Die Folge? Dünner werdendes Haar und schließlich kompletter Haarausfall. 

    Welche Behandlungsmöglichkeiten von Haarausfall gibt es?

    Neben einer medikamentösen Behandlung lässt sich das Haarwachstum auch mit bestimmten Nährstoffen und physikalischen Methoden unterstützen. 

    Medikamente gegen Haarausfall 

    Zur Behandlung von erblich bedingtem Haarausfall werden vom Hausarzt oder Dermatologen meist Wirkstoffe wie Finasterid oder Minoxidil verschrieben. 

    Finasterid ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, welches das Enzym 5-Alpha-Reduktase hemmt. Dadurch wird weniger DHT produziert und dem Haarausfall entgegengewirkt. 

    Allerdings kommt das Medikament nicht ohne Nebenwirkungen. Häufig treten hormonelle Veränderungen auf, die sich z. B. in Libidoverlust oder Erektionsstörungen äußern können. Auch psychische Nebenwirkungen wie depressive Verstimmungen sowie Hautveränderungen werden beobachtet. 

    Rezeptfrei hingegen erhält man Präparate mit Minoxidil, das die Blutgefäße erweitert und somit die Durchblutung der Haarfollikel fördert, was wiederum das Wachstum stimuliert. 

    Minoxidil wird als Schaum oder Lösung auf die Kopfhaut aufgetragen. Auch bei diesem Medikament werden häufig Nebenwirkungen wie Juckreiz, Rötungen oder, Schuppenbildung beobachtet, es ist jedoch in der Regel risikoärmer als Finasterid.

    Wichtige Nährstoffe bei Haarausfall

    Zu den natürlichen Mitteln, die das Haarwachstum unterstützen können, gehören Nährstoffe wie B-Vitamine, Vitamin D, Eisen, Selen und Zink. Sie spielen allesamt eine Rolle beim Wachstum der Haare.

    Ein systematisches Review aus 2024, das knapp 50 Studien zum Thema ausgewertet hat, kommt zu folgendem Fazit:

    “Mängel oder Ungleichgewichte bei bestimmten Vitaminen und Mineralien, insbesondere bei Vitamin B, Vitamin D, Eisen, Selen und Zink, sind an der Entstehung von AGA beteiligt und können veränderbare Risikofaktoren für die Behandlung und Prävention dieser Erkrankung darstellen.” (Q)

    Der erste Schritt bei Betroffenen könnte also eine Sicherstellung der Nährstoffzufuhr, beispielsweise über ein Multivitaminpräparat, sein.

    Natürliche 5-Alpha-Reduktase-Hemmer

    Es gibt einige natürliche Stoffe, denen ein hemmender Effekt auf die 5-Alpha-Reduktase nachgesagt wird. 

    Zu den natürlichen 5-Alpha-Reduktase-Hemmern gehört zum Beispiel die Sägepalme (Serenoa repens) aus dem Südosten der USA. Die Sägepalme enthält Inhaltsstoffe, die die Aktivität des Enzyms hemmen können, wodurch die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron reduziert werden kann.

    Klinische Studien zeigen eine erhöhte Haarzahl (von 3,4 bis 27 %), eine erhöhte Haardichte bei bis zu 83,3 % der Probanden und eine 60-prozentige Verbesserung der Gesamthaarqualität sowie bei 52 % der Patienten eine Stabilisierung des Verlaufs. Dabei wurde der Sägepalmenextrakt meist oral, teilweise aber auch topisch durch Lotionen oder Seren verabreicht (Q).

    Auch Beta-Sitosterol, welches zum Beispiel in Kürbiskernöl vorkommt, konnte in placebokontrollierten Studien ähnliche Ergebnisse aufweisen (Q). 

    Viele der Studien weisen jedoch Limitationen auf, wie z.B. nur eine geringekleine Stichprobengröße auf. Daher sind noch keine definitiven Aussagen über die Effektivität von Sägepalmenextrakt oder Kürbiskernöl bei Haarausfall möglich.

    Wirkung von 5-Alpha-Reduktase-Hemmern bei männlichem Haarausfall

    Ähnlich verhält es sich bei weiteren natürlichen 5-Alpha-Reduktase-Hemmern wie dem Vitalpilz Reishi oder dem Mineralstoff Zink (Q, Q). In-vitro Studien zeigen vielversprechende Hemmeffekte auf die DHT-Produktion, die es in Zukunft in groß angelegten klinischen Studien zu bestätigen gilt. 

    Weitere potentielle DHT-Blocker sind Grüner Tee, insbesondere der Inhaltsstoff Epigallocatechingallat (EGCG), sowieund Grüne Minze (Q) oder auch Astaxanthin (Q, Q), 

    Physikalische Methoden

    Hilfreich sind auch Methoden, die die Durchblutung der Kopfhaut verbessern. Dazu gehören ganz einfache Dinge wie regelmäßige Kopfmassagen oder Wärmeanwendungen. Auch ätherische Öle wie z. B. Rosmarin oder Pfefferminzöl werden gerne zur Förderung der Durchblutung angewandt.

    Auch Rotlichttherapie kann die Durchblutung und somit die Nährstoffversorgung verbessern. Rotlichtlampen mit 660 nm Wellenlänge oder Infrarot-Wärmestrahler sind eine einfache Möglichkeit für Zuhause. 

    Als besonders hilfreich hat sich die Low-Level-Laser-Therapie (LLLT) herausgestellt, die durch niederenergetisches rotes oder nah-infrarotes Licht das Haarwachstum stimulieren kann (Q, Q). Der genaue Mechanismus ist noch nicht gänzlich aufgeklärt, es wird aber unter anderem eine bessere Durchblutung, die Aktivierung der Wachstumsphase und auch die Steigerung der ATP-Produktion, was das Wachstum der Haarfollikel ankurbelt, vermutet.

    Fazit 

    Es gibt leider keine Wunderpille, aber eine Kombination aus verschiedenen wissenschaftlich belegten Methoden kann helfen, Haarausfall zu verlangsamen und die Haardichte zu erhöhen. Bewährte Medikamente wie Finasterid und Minoxidil können den Prozess verlangsamen, bringen aber mögliche Nebenwirkungen mit sich. 

    Die Wirkung natürlicher Alternativen wie Sägepalme, Kürbiskernöl und Nährstoffen wie Vitamin D und Zink ist noch nicht hinreichend belegt, sie können aber dennoch einen Versuch wert sein. Auch physikalische Methoden wie Kopfmassagen oder Rotlicht regen die Durchblutung an und können die Haardichte verbessern. 

    Häufige Fragen zu Haarausfall 

    Gibt es einen Zusammenhang mit Prostatakrebs und Prostatavergrößerung? 

    DHT spielt tatsächlich auch bei der Funktion der Prostata eine bedeutende Rolle. Erhöhte DHT-Werte stehen nicht nur mit Haarausfall, sondern auch mit einer Vergrößerung der Prostata in Zusammenhang. Einige Studien haben auch eine Verbindung zwischen früh einsetzendem erblich bedingtem Haarausfall und Prostatakrebs hergestellt. Ein kausaler Zusammenhang ist bis jetzt jedoch noch nicht bestätigt und es bleibt weiterhin unklar, ob Männer mit AGA tatsächlich auch ein erhöhtes Prostatakrebsrisiko haben (Q, Q, Q).

    Führt Kreatin zu Haarausfall?

    Diese Vermutung beruht hauptsächlich auf einer Studie an 20 Rugby-Spielern aus dem Jahr 2009, bei denen die Einnahme von Kreatin mit höheren DHT-Spiegeln assoziiert war (Q). Die Studie betrachtete jedoch nur die Hormonebene, wodurch man keine direkten Rückschlüsse zu möglichen Auswirkungen auf Haarausfall ziehen kann. Solche Studien fehlen noch und man kann also nur spekulieren. 

    Sind nur Männer betroffen oder auch Frauen?

    Auch Frauen können genetisch bedingt eine erhöhte Aktivität der 5-Alpha-Reduktase und somit erhöhte DHT-Spiegel haben, was zu Haarausfall, vor allem im Bereich des Scheitels, sowie zu einer stärkeren Körperbehaarung führen kann.

    Diese Symptomatik kennen vor allem Frauen mit PCOS, und das ist kein Zufall. Die frühe männliche AGA (Beginn vor dem 30. Lebensjahr) wird auch als das PCOS des Mannes bezeichnet. So treten PCOS bei Frauen und AGA bei Männern oft gemeinsam in Familien auf, da sie die vermutlich gleiche genetische Ursache haben (Q, Q). 

     

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    1 Kommentar
    Michael

    Michael

    Dass erhöhtes DHT zu Haarausfall fühlt, stimmt so leider nicht und ist eine veraltete Ansicht, die vor allem auf Industrie gesponserten Studien basiert, um Finasterid zu pushen.
    Es ist eher Symptom, nicht Ursache.

    War selbst betroffen, aber mit niedrigem DHT und habe genau das Gegenteil gemacht – DHT erhöhen. Das hat geholfen

    Dass erhöhtes DHT zu Haarausfall fühlt, stimmt so leider nicht und ist eine veraltete Ansicht, die vor allem auf Industrie gesponserten Studien basiert, um Finasterid zu pushen.
    Es ist eher Symptom, nicht Ursache.

    War selbst betroffen, aber mit niedrigem DHT und habe genau das Gegenteil gemacht – DHT erhöhen. Das hat geholfen

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