Keto Diät: Was gegen eine ketogene Diät spricht
Viele Menschen, die eine ketogene Diät praktizieren, erhoffen sich jedoch ganz andere Sachen, darunter auch:
- verbesserte Insulin-Sensitivität
- weniger Blutzucker
Beides hängt logischerweise irgendwie miteinander zusammen: Je besser dein Körper den Zucker in die Muskelzelle bekommt, um so weniger wird davon im Blut schwimmen.
Weniger Blutzucker durch eine Keto-Diät?
Wie kommt man überhaupt auf die Idee, dass ich eine bessere Insulin-Sensitivität habe, wenn ich keine Kohlenhydrate esse?
Das kennen wir aus dem Sport. Dort hat man gesehen: Je stärker du deine Glykogenspeicher leerst, um so mehr Kohlenhydrate kannst dein Muskel danach aufnehmen (Super-Kompensation). Dieses Wissen machen sich Athleten seit Jahrzehnten zunutze.
Also muss man sich wohl gedacht haben: Wenn wir das chronisch praktizieren, dann sind unsere Speicher konstant leer und dann haben wir ja immer eine hervorragende Insulin-Sensitivität – oder so ähnlich.
Manchmal spielt die Welt verrückt: Der Nüchtern-Blutzucker steigt bei vielen einfach so von 80 auf 110, manchmal sogar auf 120!
Das erklärt man sich mit Hilfe der “physiologischen Insulinresistenz”, die eintritt, wenn man high fat isst. Das ist ganz einfach: Dein Körper versucht Glukose zu sparen, davon brauchen wir immerhin täglich mindestens 60g, und macht dann den Muskel dicht. Das heißt, der Muskel nimmt kaum mehr Glukose auf.
Dies geschieht nicht nur aufgrund des Randle cycles, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass Keton-Körper direkt die Verwertung von Glukose hemmen.
Wenn du also einen Arzt-Termin hast und er macht spaßeshalber einen Glukose-Toleranz-Test mit dir, dann solltest du dich nicht wundern, wenn er dich als prä-Diabetiker klassifiziert.
Viele Menschen also, die versuchen mit einer ketogenen Diät ihren Blutzucker zu verbessern (auch aufgrund der Krebs-Vorsorge), können bitter erwachen, wenn sie das mal testen.
Übrigens geht diese Verschlechterung auch einher mit einer Verschlechterung der post-prandialen Zucker-Werte, also der Zucker-Werte nach Mahlzeiten.
Wenn du also 3 Wochen ketogen lebst und dich am Wochenende an Kohlenhydrat bedienst, dann ist es möglich, dass dir ein bisschen nebelig wird im Kopf.
Mir ist wichtig, dass Menschen nicht mit falschen Erwartungen an gewisse Dinge heran gehen. Ketogene Diäten sind gut, keine Frage, sind gut im Gewicht zu verlieren, um die überschüssigen Fettsäuren im Muskel zu verbrennen, um das Leberfett los zu werden – aber wieso nicht intermittierend fasten? Wieso nicht mal eine Kalorienrestriktion ein paar Tage die Woche?
Du solltest ganz einfach wissen, dass es auch down sides gibt.
Abnehmen mit einer Keto Diät
Der eigentliche Trick bei der ganzen Sache nennt sich “PSMF”. Protein Sparing Modified Fast. Entwickelt in den … ich glaube … 70ern.
Die Grundfrage war: Wie helfen wir Schwerübergewichtigen maximal schnell, aber auch maximal effektiv. Denn: Man kann 40 kg abnehmen, klar. Aber ob davon 10 kg Muskeln sind oder nicht … Das macht vielleicht einen Unterschied?!
Also hat man sich hingesetzt und getestet. Raus kam: Eiweiß, in etwa 1,5 g bis 2 g pro kg Körpergewicht (ich denke: Lean-Mass-bezogen reicht!) plus zusätzlich Vitamine und Mineralien. Denn klar ist auch, dass man sich damit — wenn man es blöd anstellt — auch schaden kann.
So. Das war also der Grundplan.
“Ketose”: Theorie und Praxis
Was in der Theorie so schön einfach klingt, wird in der Praxis ganz offenbar sehr schwer (oder auch nicht). Dann kommen nämlich die Fragen: Was esse ich denn jetzt überhaupt? Wie oft? Wann? Darf ich Kaffee trinken? Was ist mit Milch?
Dann kommen wieder andere und werfen Konzepte durcheinander. Für mich der Klassiker. Menschen tun sich halt schwer zwei Konzepte gedanklich nebeneinander zu setzen und sie abzugleichen. Mittlerweile viel zu oft erlebt.
“Was ist eigentlich mit der Ketose?”
Irgendwie wird das einfach nicht verstanden.
Fakten zur Ketose
- Jeder Schwerübergewichtige hat Ketone in seinem Blut. Der trägt so viel Fett bei sich. Das Fettgewebe gibt aber etwa proportional dazu Fettsäuren ins Blut ab. Der Körper wehrt sich halt gegen Fettsäuren. Diese Fettsäuren machen auch insulinresistent. Kennen wir ja alles mittlerweile … hoffentlich. Die in hoher Konzentration vorhandenen Fettsäuren machen Ketonkörper in der Leber. Übrigens: Ein Insulinresistenter ist nicht zu dick, weil er insulinresistent ist. Genau umgekehrt: Insulin wirkt nicht mehr und deshalb schießen noch mehr Fettsäuren ins Blut und machen ihn noch kränker. Am Ende hat der Mensch a) zu viel Glukose, b) zu viele Fettsäuren, c) zu viele Keton-Körper und d) zu viele Triglyceride im Blut. Nährstoffüberfrachtung!
- Man muss die Kohlenhydrate nicht streichen, um in die Ketose zu kommen. Zumindest nicht, wenn die Fettsäure-Flut gegeben ist, aber auch so eigentlich nicht. Kann jeder mal testen: 600-800 Kalorien essen, die aber alle ausschließlich aus Stärke, z. B. Kartoffeln kommen. Nennt sich in Amerika Potato Hack. Starkes Kaloriendefizit, völlig gleichgültig ob KH gegessen werden oder nicht, erhöht den Fettsäure-Spiegel im Blut und das wiederum macht Ketone in der Leber. Magie, Magie.
- Die Ketose kann erreicht werden … völlig egal, ob jemand gerade Körperfett anzapft oder Nahrungsfett.
Aus dem letzten Punkt ergeben sich dann immer Missverständnisse: “Ich nehme nicht ab, aber ich bin doch in der Ketose!!” — Ja, klar, dann gönn dir halt 100-Gramm-weise deine Nusspackungen, wie ein sich fett fressendes Eichhörnchen vorm Winter, aber wundere dich nicht.
Diese Fraktion ist dann meistens die, die an “Wunder Ketose” glaubt. Also: Alle Gesetze des Lebens gelten nicht mehr, wenn man sich in der Ketose befindet. Oh je.
Kann man mit Kohlenhydraten abnehmen?
Falsche Behauptung: Mit Fett kann man abnehmen, mit Kohlenhydraten nicht.
Erstens gibt es mittlerweile gefühlt Millionen Arbeiten, die sich genau damit befassen. Und immer wieder aufzeigen: Doch, doch. Geht sogar wunderbar.
Zweitens: Wäre das herrlich, wenn der menschliche Organismus so einfach gestrickt wäre. Als ob der Organismus so “blöd” ist und nur die Kohlenhydrat-Verfügbarkeit wahrnimmt. Die Zellen reagieren präzise auf den kalorischen Input, z. B. via AMP/ATP-Ratio, also abfallende intrazelluläre Energie-Level.
Auch hier versagt das komplexe Denken oft: Insulin steigt eben nicht fröhlich wie es will nach KH-Konsum … und blockt dann die Fettsäure-Freisetzung. Das wäre ja noch schöner. Die Insulin-Werte sind natürlich gekoppelt an das, was wir gerade geschrieben haben. Wer z. B. viel weniger isst, der braucht z. T. gar kein Insulin. Das kennen wir doch vom Sport: Insulin-unabhängige Glukose-Aufnahme.
Darüber also bräuchte sich keiner Gedanken zu machen. Zum Glück, sonst wären alle Vorfahren schon gestorben. Die nämlich hatten Hungersnöte niemals überlebt, wenn Brot irgendwas so dramatisch blockiert hätte, dass keiner mehr abnehmen kann …
Ja, es gibt auch Probleme
Dass sich bei der PSMF-Intervention Probleme ergeben können, das ist klar.
Es gibt z. B. auch Fettgewebe, das sich nicht ganz normal verhält. Das wird oft sichtbar, wenn man schon alles andere verloren hat, bei so etwa 7-8 % Körperfett-Anteil. Bodybuilder nennen das “stubborn body fat”. Das braucht härtere Methoden. Zum Beispiel intermittierendes Fasten, wo für kurze Zeit wirklich gar nix in den Körper kommt. Stattdessen buxiert man sich bewusst in den Adrenalin- und HGH-Rausch mit maximal niedrigen Insulin-Werten. Ohne jeglichen kalorischen Input für eine Zeit.
Das aber ist für die Mehrheit überhaupt nicht relevant.
Klar kann man Shakes trinken. Klar erzeugt das für ein Großteil der Praktizierenden einen Erfolg. Oft auch Ketose, weil starkes Kaloriendefizit. Aber vielleicht wäre es mal angebracht, “richtiges Essen” zu essen? Wie wärs mit Fleisch und Fisch? Statt hoch insulinogenem Eiweißpulver mit maximaler Konzentration aller Aminosäuren in hoch insulinogener Milch? Vielleicht unterscheiden sich Verdauungskinetiken von Flüssigkeiten und fester Nahrung? Vielleicht hat das Einfluss auf Sättigung, und, und, und? Geheimtipp: Hört doch mal auf mit euren Spielereien.
Der Energiestoffwechsel
Zum Schluss noch einmal ein kleines Energiestoffwechsel-1×1:
- Jeder Mensch hat einen kalorischen Grundbedarf. Es ist so. Punkt.
- Diesen kann man zum Teil füllen mit einer Strukturkomponente, die sich Eiweiß nennt. Sagen wir: 600 Kalorien.
- Egal ob Eiweißkalorien “zählen” oder nicht: Den Rest kann man füllen mit Energieträgern.
- Wir können uns also entscheiden, ob wir die … nehmen wir … 1800 Kalorien mit Fett oder Kohlenhydraten füllen.
- Damit ist eigentlich alles gesagt.
Unter Laborbedingungen funktioniert diese uralte, aber sehr banale Gleichung extrem gut. Damit lässt sich der Gewichtsverlust doch recht präzise vorhersagen. Vor allem wenn Protein-Effekte ordentlich angeglichen werden via Angleichung der Menge an zugeführtem Protein.
Wenn einem das durch PSMF induzierte Kaloriendefizit zu groß wird, füllt man halt auf. Entweder mit Kohlenhydraten oder Fetten. In beiden Fällen wird man weiter abnehmen. Der eine tut sich vielleicht leichter so, der andere so. Hier muss jeder für sich einen Weg finden.
Noch mal ganz langsam: Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Den einen haut’s auch bei Hypokalorie mit Protein-Shakes aus der Ketose, der andere nimmt 10 kg Fett ab, ohne auch nur einmal in der Ketose gewesen zu sein. Es gibt Möglichkeiten und unterschiedliche Reaktionen wie Sand am Meer.
Ein paar Denkanstöße im Anhang.
- Wir haben mit “Lean. Green. Marine.” (für die Deutschen, in etwa: Mageres Fleisch. Grünes Gemüse. Meeresfrüchte.”) bisweilen auch prominente Mitmenschen glücklich gemacht, die jetzt oberkörperfrei auf der Bühne rumturnen vor ausverkauftem Haus. Das große Problem ist immer: Erst mal muss man aufhören irgendwas im Internet zu lesen. Aufhören mit dem Drang nach Optimierung. Einfach aufhören. Es geht einfach nicht mehr als das, was wir hier niedergeschrieben haben. Außerdem muss man lernen, wo Eiweiß drin ist. Und man muss sich das Wunschdenken abgewöhnen. Nein, du sollst, wenn du abnehmen willst, nicht kiloweise vollfette Salami fressen. Zu guter Letzt braucht es Wille und Cleverness. Wichtig: Weg mit dem Dogma-Denken. Irgendwann schreit der Körper halt nach Kalorien und Kohlenhydraten … Gib sie ihm doch. Leptin-Refeed und so weiter. Hatten wir doch schon alles …
- Ein Geheimtipp: Wer UNBEDINGT in die Ketose will bei seiner Diät … Einfach einen Tag lang fasten. Dann ist man ziemlich sicher in der Ketose. Diesen Zustand hält (!) man dann einfach und führt genau so viel Protein zu, wie der Körper braucht. Das sagt er einem im Regelfall. Den Trick verstanden? Nicht erst essen und dann fragen, wo die Ketose bleibt. Zuerst Ketose und dann dem Körper zuhören, um mit Protein (und ggf. etwas Fett) in der Ketose zu bleiben … Dafür braucht man halt ein bisschen (Fingerspitzen-)Gefühl.
Wie entscheidend ist die Kalorienbilanz?
Manchmal werden gewisse Sachverhalte im Internet entweder absichtlich oder aus purer Unwissenheit falsch dargestellt oder beschrieben. Das betrifft vor allem bereits klar definierte Sachverhalte, also solche, über die man sich ganz bestimmt nicht mehr zu streiten braucht.
Unsere Leser lesen ja mit — im Internet. Manche von ihnen schicken mir dann Texte. Ganz besonders interessant finde ich es, wenn Artikel in Ärztezeitungen erscheinen, die sich inhaltlich mit unseren Texten hier decken.
Kohlenhydrat-Diät verbessern den Blutzucker
Hier mal eine ganz nette Geschichte:
Die Therapeuten einer adipösen 69-Jährigen mit Typ-2-Diabetes und 30 Jahren Krankheitsgeschichte waren mit ihrem Latein am Ende. Nach 24 Jahren Insulintherapie konnten auch höchste Dosen des Hormons plus ein DPP4-Hemmer ihren Blutzucker nicht mehr ausreichend senken: Ihr HbA1c lag bei 10 Prozent und war seit Jahren stark erhöht.
Gängige Maßnahmen gegen Insulinresistenz wie mehr Bewegung, Gewichtsabnahme oder Metformin (Niereninsuffizienz!) schieden aus, berichtete der Diabetesberater Mario Althaus von den Kliniken Essen-Mitte bei der DDG-Herbsttagung. Eine stationäre Therapie mit Insulin-Perfusor schien die Ultima Ratio. Da stießen die Therapeuten auf die 1902 von Carl von Noorden entwickelte Haferkur. Die mehrtägige Kost nur mit Kohlenhydraten hatte sich bereits 2006 als sicher und wirksam gegen Insulinresistenz erwiesen (Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1: A58).
Allerdings: Drei Tage nur Haferschleim sei heute unzumutbar, praktikabel hingegen eine Diät mit ausschließlich Kohlenhydraten in Brot, Nudeln, Reis, Gemüse und Obst, so Althaus. Dies war bei der Frau überraschend erfolgreich, wie er anhand ihres Diabetestagebuchs belegte: Am Tag vor der Diät lagen die Blutzuckerwerte trotz Therapie mit 30 IE Basalinsulin plus 58 IE, 38 IE und 28 IE Mahlzeiteninsulin morgens nüchtern bei 309 mg/dl, nach dem Mittagessen bei 406 mg/dl, um 16 Uhr bei 303 mg/dl und um 22 Uhr bei 221 mg/dl.
Bereits am ersten Diät-Tag gingen die Werte deutlich zurück von 254 (nüchtern) auf 117 (mittags), 85 (16 Uhr) und 110 mg/dl (22 Uhr). Gleichzeitig wurde Mahlzeiteninsulin auf 52, 18 und 6 IE reduziert. Am zweiten Diät-Tag kam es mit der reduzierten Insulinmenge mittags bereits zu einer Hypoglykämie. Die verbesserte Insulinsensitivität hielt dabei auch Wochen nach den Diättagen an.
Inzwischen wurden viele Typ-2-Diabetiker von Althaus und Kollegen mit “Entlastungstagen” behandelt. Nach seinen Angaben werden bei etwa 70 Prozent der Betroffenen deutliche Erfolge verzeichnet. Und versage die Diät am Anfang, sei eine Wiederholung durchaus erfolgversprechend.
Quelle Ärzte Zeitung online, 20.11.2017
Mit einer “mehrtätigen Kost nur mit Kohlenhydraten” kann man demnach Diabetes also in den Griff bekommen.
Lassen wir uns den Satz doch einfach mal eine Sekunde auf der Zunge zergehen.
Wer kann nach so durchschlagenden Ergebnissen noch behaupten, dass Kohlenhydrate Insulinresistenz und Diabetes verursachen? Nicht nur Anfang, sondern auch Mitte des 20. Jahrhunderts (wie erinnern uns an ein Herr Dr. Kempner mit seiner Reis-Diät) konnte gezeigt werden, dass Kohlenhydrate sehr wohl imstande sind, Diabetes und sämtliche assoziierte Erkrankungen zu heilen.
So.
Und täglich grüßt das Murmeltier – entscheidend ist die Kalorienbilanz
Was passiert hier bei uns, wenn wir über sowas schreiben? Genau, dann kritisiert uns wieder der ein oder andere Keto- und Low-Carb-Befürworter. Nicht böse gemeint! Das Gleiche passierte auch unter dem o. a. Artikel.
So kommentiert Ernährungswissenschaftler und Autor Nicolai Worm sehr richtig:
Das funktioniert – weil Very Low Calorie Diet – hat nichts mit “Kohlenhydraten” zu tun!
Dass das funktioniert hat einen einzigen Grund: VLCD! Bei den Hafertagen wird die Kost auf ca. 800 kcal/Tag abgesenkt! Die Leber entfettet und wird wieder insulinsensitiv und reguliert den Zuckerhaushalt wieder normal! Der Wirkmechanismus wurde gerade von der Arbeitsgruppe um Gerald Shulman geklärt.
Ganz genau richtig. Es hat nichts mit Kohlenhydraten zu tun. Aber auch nicht mit No-Carb. Die Kalorienbilanz ist entscheidend.
Die Sache ist, wie oft erklärt, simpel: Der Bock ist dann richtig fett, wenn die Leber Glukose nicht mehr aufnehmen mag. Periphere Insulinresistenz, also z. B. im Muskel, ist auch doof, aber erst, wenn die Leber dicht macht, gibt es die richtige Katastrophe.
Fettverlust macht stoffwechselgesund
Wie oft beschrieben, es gibt einen richtigen Weg:
Das überschüssige Fett in den Geweben muss verbrannt werden.
- Im Muskel
- In der Leber
- In der Bauchspeicheldrüse
Von Letzterem wurde gezeigt, dass ein Fettverlust in der Bauchspeicheldrüse Diabetes “heilen” kann.
Der Punkt ist, wie oben angedeutet: Es stimmt, nicht weil die Menschen Kohlenhydrate gegessen haben, verschwand der Diabetes. Sondern, weil die Leute da einen Fettverlust herbeigeführt haben.
1. Beobachtung also: Man kann auch mit Kohlenhydraten abnehmen. Das ist ja schon mal etwas, was von der Low-Carb oder Keto-Community gerne infrage gestellt wird.
Was aber macht “No Carb”?
2. Beobachtung: Wenn No Carb unterm Strich dafür sorgt, dass man mehr Fett oxidiert als zu sich führt, haben wir eine negative Fettbilanz. Folge: Leber und Körper wird entfettet.
Was aber braucht man für eine negative Fettbilanz? Sicher keine positive Fettbilanz. Das heißt, man braucht hier eine negative Kalorienbilanz. Das ist eigentlich ziemlich einfach.
Heißt: Egal ob No– oder Yes-Carb … Um Insulinresistenz loszuwerden, braucht es … Ja, lange genug darüber gesprochen.
Das ist also die Basis, die Wahrheit sozusagen.
Und die Machbarkeit?
Über die Machbarkeit kann man sprechen. Was fühlt sich besser an? Low-Carb oder Higher-Carb?
Meiner Erfahrung nach: Für richtig dicke Menschen eignet sich Low-Carb besser. Bei ihnen schwimmt sowieso viel zu viel Fett (und Fettsäuren) im Blut. Je schlanker ein Mensch aber wird (was nicht gleichbedeutend ist mit metabolischer Gesundheit), umso höher kann der Kohlenhydrat-Anteil sein, weil man dadurch einfach ein paar Systeme entlastet, etwa die reproduktive Achse (Schilddrüsenhormone und Co.), die auch ganz essentiell für das Gelingen einer langfristig angelegten Diät sind.
So, der status quo und die richtige Idee wäre dann: Solange ich jetzt dafür sorge, dass ich nicht wieder an Gewicht zulege, ist es egal, ob ich No-Carb oder Yes-Carb lebe. Für Yes-Carb sprechen die Blue Zones, Kitava, Tsimane und so weiter. Es geht also.
Was macht die Leber fett?
Leider schwingt an dieser Stelle immer eine Angst mit. Nämlich die Angst vor der De Novo Lipogenese, der Fettneubildung aus Kohlenhydraten — in der Leber. Die Annahme: Kohlenhydrate induzieren in der Leber die DNL, das macht die Leber fett und somit insulinresistent.
So kann man das metabolisch Kranken und Dicken erzählen, damit die nicht mit einem “Aber…!” um die Ecke kommen. Ich denke trotzdem, dass es nicht die feine Art ist, Menschen zu belügen. Auch nicht, wenn man eigentlich das Wohlergehen dieser Menschen im Sinn hat.
Was sehr häufig nicht gesehen wird:
- Die Leber wird nicht fett, weil sie sich selbst fett macht, sondern weil sie mit Fettsäuren überladen wird. Fettsäuren im Blut steigen proportional zur Fettmasse. Das heißt: Alleine dadurch, dass man zu viel Fett an seinem Körper hortet, sorgt man dafür, dass auch zu viel Fett in die Leber gelangt. Tatsächlich waren 60 % der Fettsäuren, die man in einer Fettleber findet, selbst mal freie Fettsäuren, waren also mal im Fettgewebe zu finden.
- Mit steigender Fettmasse wird es für das Fettgewebe schwerer, Fette aus dem Blut zu fischen, die über die Nahrung kommen. Das Fettgewebe “wehrt” sich gegen zu viel Fett. Resultat: Triglyceride werden von der Leber aufgenommen und müssen dann via VLDL (Cholin!) abtransportiert werden. Das kann 15 % der aus der Leber transportierten Fette ausmachen.
- Die DNL ist beim stoffwechselgesunden Menschen quasi nicht aktiv (2-5 %) und kann höchstens mit viel Liebe und viel Cola stärker aktiviert werden. Hier variieren die Zahlen: Bei Menschen mit einer Fettleber können es 15 % bis 26 % sein.
Die Autoren schlussfolgern:
Egal ob gesund oder krank, die DNL ist nicht hauptverantwortlich dafür, dass die Leber fett wird.
Dennoch: Sie kann ein Marker dafür sein, wie viele Fette in der Leber verbrannt werden. (Sanders, 2015)
3. Beobachtung also: Man kann nicht einfach sagen, dass Kohlenhydrate die Leber fett machen. Das tun sie bei stoffwechselgesunden Menschen, die Yes-Carb leben, ja auch nicht.
Unterm Strich …
… bleibt, wieder einmal: Ja, man kann sich darüber streiten, welche Ernährungsform am besten geeignet ist, um Stoffwechselgesundheit wiederherzustellen. Es geht aber nicht so sehr darum, einen Schuldigen (Makronährstoff) ausfindig zu machen. Es stellt sich eher die Frage nach der Machbarkeit. Hier aber sollte man nicht stur festgenagelt sein. Je nach Fortschritt und Präferenz können verschiedene Vorgehen Sinn ergeben.
Sich aber Fakten zurechtzubiegen, damit man sich seine eigene Ernährungsweise schönreden kann … Das ist nicht in Ordnung!
Studien und Quellen
Sanders, F. and Griffin, J. (2015). De novolipogenesis in the liver in health and disease: more than just a shunting yard for glucose. Biological Reviews, 91(2), pp.452-468.
6 Kommentare
Falk
Vielen lieben Dank für diesen Artikel.
Meine eigene Erfahrung mit ketogener Ernährung ist ähnlich dem oben genannten. Z.B. einmal etwas mehr Kohlenhydrate und/oder Proteine am Abend mehr gegessen und schon waren Kopfschmerzen da. Da fragt man, also ich, wie denn das sein kann. Klar kommt der Körper und meinetwegen auch das Gehirn gut mit Ketonen zurecht. Nur kommt der KH-STW ziemlich schnell zum Einschlafen.
Mein Fazit: Als kurzzeitiges Werkzeug für eine Ernährungsumstellung/-intervention ist eine richtig angewandte Keto-Adaption durchaus sinnvoll. Immerhin hat es mir am Ende den VO2max nach oben getrieben. Ist also ’ne Option im Training vor einem Marathon.
Als Dauerzustand, wie oft im Netz angepriesen, ist Ketose sicher NICHT geeignet.
So um die 100 Gramm Netto-Carbs pro Tag (+- 20) sind vielleicht ein guter Richtwert.
Vielen lieben Dan